Skeptikerbewegung

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Der Begriff "Skeptiker" oder "Skeptikerbewegung" wird von einer Gruppe materialistischer Fanatiker bewußt irreführend verwendet, um sich in einen Zusammenhang mit dem philosophischen Skeptizismus oder einem wissenschaftlichen Weltbild zu bringen.

Der wirkliche Skeptizismus ist eine philosophische Tradition, die es sich zur Leitschnur gemacht hat, gängige Dogmen und die Lehrsätze des eigenen Weltanschauungsgebäudes in Zweifel zu ziehen. Der Skeptizismus gehört unbedingt zur Aufklärung, und wir haben ihm die große Freiheit unseres heutigen Denkens zu verdanken. Wahre Philosophie wird immer einen guten Anteil Skepsis in sich tragen müssen, sofern sie sich in der Tradition des sokratischen Denkens und Hinterfragens sieht.

Diejenigen Kritikerorganisationen der Homöopathie und anderer alternativer Weltanschauungen oder Heilweisen aber, die so dreist sind, sich mit dem stolzen Titel der „Skeptiker“ zu schmücken, sind das genaue Gegenteil. Sie ziehen nicht die Gedankengebäude des Establishment und ihre eigenen, liebgewonnenen Dogmen in Zweifel, sondern nur die Überzeugungen anderer, die ihnen nicht passen. Die Auffassung des weltanschaulichen Gegenspielers zu bezweifeln, hat aber nichts mit der Kunst und dem Anspruch des Skeptizismus zu tun. Die eigene Meinung für allein richtig und die des Gegners für indiskutabel falsch zu halten, ist günstigenfalls Fundamentalismus und schlimmstenfalls Stammtisch-Ideologie. Ein skeptischer Philosoph richtet das Schwert des kritischen Hinterfragens auf sich selbst und nicht auf den anderen. (Beispiel: ein christlicher Skeptiker ist einer, der das Christentum in Frage stellt, um seine Positionen besser aufzuklären, aber nicht einer, der den Islam oder den Buddhismus in Frage stellt.) 
Bei den gut organisierten Gruppen von Homöopathie-Gegnern, die sich selbst als „Skeptiker“ bezeichnen, haben wir es vielmehr mit fundamentalistischen Ideologen zu tun, die einen Alleingültigkeitsanspruch auf ihre Vorstellung eines naiven Positivismus erheben und gesellschaftlich gegen andere Auffassungen durchzusetzen versuchen. Dies ist eine Art der Wissenschaftsgläubigkeit, die auch Szientismus genannt wird, aber keine Wissenschaft. Aufgabe der Naturwissenschaft ist es, Phänomene mit ihren sauber definierten Methoden zu erklären oder zu berechnen. Es gehört nicht zu ihren Aufgaben zu bestimmen, welche Phänomene in der Wirklichkeit auftreten können und welche nicht. Über die Existenz eines Phänomens entscheidet die Beobachtung und nicht die Theorie.

Für die Gespräche über Homöopathie und andere alternative Heilmethoden ist es wesentlich, uns auf diesen falschen Anspruch der „Skeptiker“ gar nicht einzulassen. Fundamentalisten haben generell kein Interesse an einer ergebnis-offenen Diskussion oder am gemeinsamen Ringen um die Wahrheit, da sie diese immer schon vorher zu kennen glauben. Das Interesse ideologischer Fundamentalisten ist es allein, alle Andersdenkenden in irgendeiner Form auszuschalten – je nach ihren historisch bedingten Möglichkeiten liegt das irgendwo zwischen dem Lächerlichmachen und dem Scheiterhaufen. Wir müssen heute begreifen, daß es auch Fundamentalisten der Wissenschaftsgläubigkeit gibt. Mit wirklicher Wissenschaft haben diese so wenig zu schaffen, wie die Dschihadisten mit dem wirklichen Islam oder die Kreuzzügler mit dem Christentum. Diese Art der Wissenschaftsgläubigkeit orientiert sich an Ergebnissen der Naturwissenschaft des 19. Jahrhunderts und der damals in einigen Kreisen verbreiteten Idee, die Welt damit endgültig erklären zu können. Die Naturwissenschaft des 20. Jahrhunderts hat diese Positionen längst überwunden, auch wenn das noch nicht in allen Schulbüchern angekommen ist.

Dies zu begreifen heißt, daß es nicht darum geht, uns vor einem bloß vorgeschobenen Anspruch auf Wissenschaftlichkeit zu rechtfertigen, sondern darum, uns nicht von dogmatischen Szientisten provozieren zu lassen. Wir sollten sie grundsätzlich nicht als Skeptiker oder Wissenschaftler anerkennen, sondern diese Begriffe stets in Anführungszeichen verwenden und darauf hinweisen, daß hier ideologische Fundamentalisten am Werk sind, deren angebliche Ziele (Verbraucherschutz) genauso eine Täuschung sind wie ihre Selbstbezeichnung.
Für NaturwissenschaftlerInnen müßten die bei homöopathischen Heilungen hervorgerufenen Phänomene gerade deshalb interessant und erforschenswert sein, weil sie sich zunächst der Erklärung durch die derzeit gängigen Theorien zu entziehen scheinen. Solche aus dem Raster des bereits Bekannten und Berechenbaren herausfallenden Beobachtungen waren es in der Wissenschaftsgeschichte stets, die zu Fortschritten und Paradigmenwechseln geführt haben.

Eine interessante Frage wäre noch, was diese „Skeptiker“-Gruppen motiviert? In einer Welt, in der es wahrlich genug wichtige und drängende Probleme gibt, erhebliche persönliche Lebenszeit, Kraft und Geld zu investieren, um eine so schwach vertretene und offensichtlich harmlose medizinische Methode wie die Homöopathie vehement zu bekämpfen, ist ein sehr außergewöhnliches Verhalten, für das es schwerwiegende Gründe geben muß. Ich muß gestehen, daß ich niemanden, der oder die einer solchen Gruppierung angehört, persönlich nah genug kenne, um einen unmittelbaren Eindruck von der Gemütslage und den Hintergründen für ein solches bizarres Verhalten zu haben. Ich kann also nur aufgrund weniger Begegnungen in öffentlichen Talkrunden und des veröffentlichten Materials Spekulationen anstellen. 
Ich habe bisher noch keinen einzigen Beitrag dieser „Kritiker“ gelesen, der auch nur von einem Minimum an Sachkenntnis zeugen würde. Die sogenannten „Kritiker“ haben sich inhaltlich ganz offensichtlich nie mit der Homöopathie beschäftigt, wie es bei sachbezogenen Kritiken üblich ist. Ein Literaturkritiker ist jemand, der Literatur liest und sich dann differenziert dazu äußert, aber nicht einer, der generell gegen Literatur ist und noch nie etwas gelesen hat. Das ist bei den sogenannten Homöopathie-Kritikern aber anders. Wir können daraus schließen, daß es nicht um eine sachbezogene Auseinandersetzung geht und daß deshalb auch sachlich gut begründete Argumente unsererseits gar keinen Sinn haben und nicht gehört werden. Es geht anscheinend allein um das emotionale Bekämpfen und Diffamieren von etwas, das man inhaltlich nicht versteht und eigentlich aus der Welt verbannen möchte. Ziel der Kampagnen ist es nicht, die Homöopathie zu verbessern, indem gewisse Schwächen kritisiert werden; sondern das Ziel ist ihre Auslöschung. Dies läßt auf Angst als wesentliche Motivation schließen. Nur wenn mir etwas erhebliche Angst macht, muß ich Energie aufwenden, um es aus der Welt zu verbannen. Angst als Hintergrund macht auch die Absurdität mancher Thesen verständlich, die gegen die Homöopathie vorgebracht werden und über die man zum Teil nur schallend lachen kann. Große Angst verzerrt die Wirklichkeit. Auch aus anderen Zusammenhängen wissen wir, daß Fundamentalismen angstgesteuert sind, was bedeutet, daß die jeweiligen Gegner aus eine völlig überdimensionale Bedrohung wahrgenommen werden. Da die imaginierte Bedrohung in der verzerrten subjektiven Wahrnehmung aber als eine Realität erscheint, wird die Angst als solche gar nicht bewußt und das eigene Verhalten erscheint den Betroffenen rational und angemessen. Wie wir als TherapeutInnen wissen, helfen in einer solchen Lage sachliche Diskussionen nicht weiter.
Neben den überzeugten Fundamentalisten, die ihre szientistische Weltanschauung mit aller Kraft verteidigen müssen, gibt es natürlich noch eine Menge Trittbrettfahrer, die sich mit dem Vertreten einer Auffassung, die dabei ist populär zu werden und in den Medien gehypt wird, leicht in den Vordergrund spielen können. Solche gibt es bei jeder populären Strömung, sie sind nicht spezifisch für unser Thema und eine wirkliche sachliche Auseinandersetzung ist naturgemäß auch nicht ihre Sache.
Es liegt auf der Hand, daß die öffentliche Diffamierung einer Heilmethode, die sehr beliebt, sehr billig und sehr effektiv ist und sich nicht gut in den etablierten Rahmen der medizinischen Technik und Chemie einbinden läßt, einigen mächtigen Interessensgruppen sehr entgegenkommt. Ob und in welcher Form diese Interessensgruppen sich die Ängste und den Fanatismus einiger Fundamentalisten zunutze machen und diese Grüppchen durch Finanzierung oder mediale Aufwertung bedeutender erscheinen lassen, als sie sind, weiß ich nicht. Es erscheint mir naheliegend, aber ich habe nicht die Möglichkeit, dies zu recherchieren und kann deshalb nicht mit Fakten aufwarten.

Um es noch einmal auf den Punkt zu bringen:
Die Selbstbezeichnung „Skeptiker“ seitens der organisierten Homöopathie-Gegner ist sachlich falsch, zeugt von philosophischer Unkenntnis und ist anmaßend.
Warum? Skeptizismus hat eine lange philosophische Tradition im Abendland und bezeichnet ein Denken, das sich selbst ständig kritisch hinterfragt. Skeptiker im richtigen Wortsinne erheben den Zweifel zum weltanschaulich wichtigsten Werkzeug, und zwar den Zweifel an der eigenen Position, die dadurch in einer Art hermeneutischem Zirkel immer weiter geklärt wird und sich der Wahrheit nähern kann. 
Das bloße Bezweifeln einer gegnerischen Position hat überhaupt nichts mit Skeptizismus zu tun, sondern ist ideologisches Stammtisch-Denken.
Diejenigen, die sich hier als „Skeptiker“ ins Gespräch zu bringen versuchen, sind tatsächlich Dogmatiker eines fundamentalistischen Szientismus.

 


(Ein Buch, in welchem diese Gedanken auf teils recht amüsante Art vertieft werden, ist: „Angst vor Globuli?“ – HaJo Fritschi, Books on Demand und Kindle, 2017. ISBN 978-3-7431-3508-6.
Und eine ausgezeichnete Auseinandersetzung mit pseudo-skeptischen Argumenten findet sich in englischer Sprache hier.)

 

 


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