Shadow Banning

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Shadow Banning ist Kryptozensur 2. Ordnung und bezeichnet das Verstecken von Inhalten vor den meisten, nur nicht vor denjenigen, die diese Inhalte erzeugt haben.

Entstehung

Die ersten Dienste, die Shadow Banning angewendet hatte, waren die amerikanischen Online-Dating-Dienste. Das wichtigste Kapital solcher Dienste ist die Anzahl der Nutzer. Also standen die Dienste ständig in scharfer Konkurrenz um die Nutzerschaft. Speziell neue Dienste mussten naturgemäß bei Null anfangen und suchten nach Methoden, so schnell wie möglich so billig wie möglich so viele Nutzer wie möglich zu werben, denn davon hing das Überleben des Projektes ab. also erstellten sie Fake-Profile bei großen Diensten und warben dort ihren neuen Dienst. Das war den großen Diensten natürlich nicht recht, weil sie weder Kunden verlieren wollten, noch die Belästigung ihrer Klientel durch aufdringliche Werbung dulden konnten. Besonders die Dienste, bei denen die Mitgliedschaft kostenlos war, hatten große Probleme mit Werbern. Die Werber-Profile waren zwar relativ leicht zu erkennen, aber schlichtes Sperren oder Löschen dieser Profile war fast wirkungslos, weil sich die dahinter stehenden Werber sofort wieder neue Konten erstellten, was an sich auch wieder eine zusätzliche Arbeitsbelastung für den befallenen Dienst darstellte. Also kam man auf die Idee, zuerst einmal die Versendung von Werbenachrichten zu verzögern, um die Schadwirkung der Werber zu dämpfen. Diese Taktik wurde immer weiter verfeinert. Es war wichtig, den Werber nicht merken zu lassen, dass sein Wirken vom System erkannt wurde, damit der Werber möglichst viel Zeit und Mühe bei seinem möglichst wirkungslosen Tun vergeudete. Das Shadow Banning ist also in einem rein wirtschaftlichen Umfeld entstanden, ohne jede politische Absicht.

Da Online-Dating-Dienste im Prinzip auch Soziale Netzwerke sind, arbeiten in diesem Bereich die gleichen Fachleute, die sich untereinander kennen und gelegentlich auch von einem Arbeitgeber zum nächsten wechseln bzw. von größeren Diensten abgeworben werden. So konnte sich diese Technik auf andere Dienste wie Youtube und Facebook ausbreiten, wo sie aber nicht nur rein wirtschaftliche Zwecke verfolgte hatte.

Funktionsweise

Beim Shadow Banning werden die Eingaben des Nutzers meistens nicht gelöscht, wie bei einer konventionellen Zensur]. Die Daten werden also vom Nutzer erzeugt, abgespeichert und bleiben erhalten. Es liegt aber in der Natur dieser digitalisierten Inhalte, dass sie zwar maschinenlesbar sind, aber nicht ohne weiteres von Menschen gelesen oder gesehen werden können. Um digitale Inhalte für Menschen rezipierbar zu machen, müssen sie dekodiert werden und auf einem Endgerät z.B. einem Flachbildschirm ausgegeben werden. Bei jedem Seitenaufbau wird also eine Datenbank abgerufen, und die Daten werden nach vielfältigen Kriterien für den Nutzer aufbereitet. Die dieser Aufbereitung, die Rendering genannt wird, zugrunde liegenden Algorithmen sind dafür entscheidend, welcher Nutzer welche Inhalte zu sehen bekommt. Angenommen, das Shadow Banning bezieht sich auf einen bestimmten Nutzer, der sozusagen unangenehm aufgefallen ist, dessen Produktion also in Zukunft niemand mehr zu sehen bekommen soll, dann würde die Kryptozensur dadurch in Gang gesetzt, dass dem Konto dieses Nutzers ein entsprechendes Flag angehängt würde. Beim Rendering würde die Software z.B. eine Liste von Kommentaren abrufen, die einem Video auf YouTube zugeordnet sind, dass jemand sich ansehen möchte. Während diese Liste abgearbeitet wird und Kommentar für Kommentar angezeigt wird, liest die Software bei jedem Kommentar notwendigerweise auch die Information aus, welcher Nutzer ihn geschrieben hat. Nur so kann der Nutzername und die Verlinkung auf sein Profil dem Kommentar hinzugefügt werden, wie es allgemein üblich ist. Bei der Abfrage des Erzeugerprofils liest die Software nun auch das ggf. vorhandene Flag aus und stellt somit fest, daß der Erzeuger des Kommentars gebannt wurde. Ist der Abrufer, für den diese Seite gerendert wird, identisch mit dem Erzeuger des Kommentars, dann wird auch der Kommentar gerendert, andernfalls nicht. So sieht der Gebannte seinen eigenen Kommentar und sonst sieht niemand den Kommentar. Da der Erzeuger des Kommentars ihn sieht, hat er keinen Anlass, misstrauisch zu werden oder sich über irgend etwas zu beschweren. Daher ergreift er auch keine Maßnahmen gegen die Bannung, der er unterliegt, denn das System informiert ihn in keiner Weise darüber, daß er gebannt wurde.

Auslöser für Shadow Banning

Es gibt viele Arten in das Fadenkreuz der Kryptozensoren zu geraten.

  • Eigene Aktivitäten: Man tut etwas, dass den Interessen des Dienstanbieter entgegensteht.
  • Denunziation: Dritte beschweren sich beim Dienstanbieter über Inhalte oder Verhaltensweisen.
  • Kontaktschuld: Man hat mit (zu vielen) Nutzern interagiert, die ihrerseits gebannt sind oder waren.
  • Blocklisten: Man ist außerhalb des Dienstes auf eine Blockliste geraten, die auch vom diesem Dienst genutzt wird.[1]
  • Blockierung durch andere Nutzer (zu viele) andere Nutzer des Dienstes haben einen auf ihre persönliche Blockliste gesetzt.

Bei all diesen Anlässen ist zu bedenken, dass die Gründe, warum der Diensteanbieter einen Nutzer oder einen Inhalt dem Shadow Banning unterwirft, oft keine politischen sondern wirtschaftliche Gründe sind, genau wie bei der anlassbezogenen Zensur. Auch wenn der Auslöser eher politischer Natur ist, weil z.B. die im Grunde staatliche Amadeu Antonio Stiftung einen Inhalt wegen angeblicher Hassrede denunziert hat, so reagiert der Dienstanbieter darauf aus rein wirtschaftlichen Gründen, weil das Netzwerkdurchsetzungsgesetz ihn mit einem Bußgeld von bis zu 5 Millionen Euro bedroht.

Methoden

Es gibt inzwischen eine große Anzahl von Methoden des Shadow Bannings. Einige der inzwischen bekannt gewordenen Methoden werden im folgenden erläutert.

Nachrichtenunterdrückung

Persönliches Nachrichten, die innerhalb des Dienstes verschickt werden, werden auf verschiedenste Art behindert. Im einfachsten Fall werden sie nicht zugestellt. Das würde in den meisten Sozialen Netzwerken aber auffallen, es sei denn, der Kontakt wurde zuvor noch nie hergestellt und man hat auch keinen zweiten Kontaktweg zu der Person. Dann kann man auch nicht nachprüfen, ob die Nachricht zugestellt wurde. Das ist in den meisten Online-Dating-Diensten (s.o.) der Fall und bei Initiativkontakten in facebook. So kann soziale Vernetzung behindert werden. Man kann dem Versender anzeigen, daß die Nachricht ausgeliefert wurde, ohne aber den Empfänger zu Benachrichtigen. Der Versender kann dann nicht unterscheiden, ob die Nachricht tatsächlich nicht ausgeliefert wurde, ob sie nur nicht gelesen wurde, weil keine Benachrichtigung erfolgte oder ob der Empfänger sie nur aus einem Grunde, die der Empfänger selber zu verschulden hat, nicht gesehen hat. Weiterhin kann man die Versendung der Nachricht verzögern, um zeitnahe Kommunikation zu verhindern und so die Wirksamkeit der Nachricht herabzusetzen, die dann z.B. inhaltlich veraltet ist, wenn sie wahrgenommen wird.

Benachrichtigungsmanipulation

Die Benachrichtigungen, die der Nutzer normalerweise über neue Inhalte (Videos, Beiträge, Reaktionen, persönliche Nachrichten) bekommen würde, können ganz oder teilweise ausfallen, verzögert werden, oder deren Aktivierung kann erodieren. Und natürlich wird man niemals auf auf YouTube die Nachricht bekommen: "Der Kanal Klimaskeptiker42, den Du seit Tag&Jahr abonniert hast, ist anlässlich einer Denunziation durch die Amadeu Antonio Stiftung gelöscht worden." D.h. über alle Ereignisse, die im weitesten Sinne als Zensur gelten könnten, werden so gut es geht verschwiegen. Dass ein Kanal gelöscht wurde, muss man also selber daran merken, dass man schon ungewöhnlich lange keine Benachrichtigungen mehr über neue Videos bekommen hat. Es wäre absolut korrekt, die Nutzer über den Wegfall von Quellen, für die sie Benachrichtigungen aktiviert hatten, zu informieren. Es wird aber in keinem Dienst jemals vorgenommen, obwohl es sehr leicht wäre, das so zu programmieren und die Nutzer immer für solche Informationen dankbar wären.

Weiterleitungen Einschränken

Weiterleitungen von Inhalten, auch Teilen genannt, kann scheinbar allgemeingültigen Einschränkungen unterliegen, die aber tatsächlich spezifisch sind. Auch hier geht es darum, die Informationsleistung kritischer Nutzer herabzusetzen, die individuelle Fähigkeit zum Publizieren zu begrenzen. Solche Maßnahmen lassen sich, wenn sie allgemeiner Natur sind, auch hervorragend rechtfertigen. So kann man bei facebook aus einer geschlossenen Gruppe heraus gar keine Inhalte teilen. Das kann mit "Privatsphäre" begründet werden. Tatsache ist aber, dass jeder Nutzer die Inhalte dennoch Stück für Stück auf seinen eigenen Rechner kopieren kann und von dort aus erneut publizieren. Die Weiterleitung ist dadurch nur aufwendiger, wird aber keinesfalls verhindert, was das Privatsphären-Argument widerlegt. Auch bei WhatsApp ist seit Anfang 2019 die Weiterleitung von Nachrichten von 20 auf 5 begrenzt worden. Das wurde mit Missbrauchsfällen begründet. Auch hier ist die Begründung nur eine vorgeschobene, denn tatsächlich kann man eine Nachricht, die man an 5 Leute weiter geleitet hat, danach wieder an 5 Leute weiterleiten. Auch hier wieder nur eine Behinderung der Informationsleistung der Nutzer und keinesfalls eine echte Maßnahme gegen angeblichen Missbrauch.[2] Dies dämpft die Geschwindigkeit, mit der die Bürger dafür sorgen, dass Inhalte "viral gehen", wodurch die Überwacher des Systems mehr Zeit haben, zu reagieren, also mit härteren Zensurmaßnahmen gegenzusteuern.

Suchen Optimieren

Es ist allgemein üblich geworden, dem Nutzer beim Suchen ungebeten zu helfen. Kommerzielle Dienste stellen die Ausgabereihenfolge der Ergebnisse niemals auf "billigstes zuerst" ein, obwohl alle Nutzungsstatistiken zeigen, dass das die beliebteste Reihenfolge ist. Stattdessen stehen die Reihenfolgen eher auf "Beliebtestes/bestes Produkt", also eine äußerst subjektive und völlig unüberprüfbare Reihenfolge. Google z.B. macht sich gar nicht erst die Mühe, ein Sortierkriterium anzugeben. Dass Google die Sortierung extrem nach seinem jeweiligen Nutzer ausrichtet, ist seit langem bekannt.[3] Die Dienste können das mit "Kundendienst" begründen, liefern aber in keinem Falle eine Dokumentation, wie genau der Algorithmus funktioniert. Hinter dieser Nebelkerze der angeblichen Kundenfreundlichkeit können sie dann alles verstecken, was sie wollen, von politischem Nudging, über Marketing bis Shadow Banning. Twitter ist schon 2017 deswegen heftig in die Kritik geraten.[4] Der Suchalgorithmus von YouTube hat zwar diverse Einstellmöglichkeiten, liefert aber nie die Ergebnisse, die diesen Vorgaben entsprechen würden. Die tatsächlich die Ausgabereihenfolge bestimmenden Regeln werden nicht veröffentlicht. Beobachtungen lassen vermuten, daß der Algorithmus zwar die Entstehung von Hypes begünstigt, dass aber im Falle eines kritischen Videos, das gerade "viral geht", ein Moderatorenteam solche Fälle mit einem Bann belegt und diese Videos dann in der Suche benachteiligt und aus den Vorschlägen raus nimmt. Weniger moderat oder unauffällig geht Google mit den Inhalten der Metapedia um, die werden nämlich niemals angezeigt.[5]

Fußnoten: